Mit dieser Tabellenkonstellation hinsichtlich der beiden Plätze, die zur Aufstiegsrunde zur 2. Handball-Bundesliga berechtigen, dürften vor Saisonbeginn die wenigsten gerechnet haben. Dass die HSG Krefeld Niederrhein einen der beiden Plätze einnehmen würde, liegt im Selbstverständnis des Clubs. Den TV Gelnhausen jedoch als ersten Verfolger aufgeführt zu sehen, darf angesichts der Konkurrenz um die HG Saarlouis, den Longericher SC Köln, Saase³ Leutershausen oder die HSG Hanau als kleine Überraschung bezeichnet werden.
Für den Sportlichen Leiter der HSG, Stefan Meler, dürften die Leistungen sicherlich nicht komplett aus dem Nichts kommen, prophezeite er doch vor Saisonbeginn im großen Interview: “Generell denke ich, dass die Liga nochmal Qualität in der Breite dazugewonnen hat. Oben erwarte ich Saarlouis, Saase3Leutershausen, Rodgau Nieder-Roden, aber auch den Longericher SC, die sich gut verstärkt haben. Eventuell werden wir auch eine Mannschaft wie den TV Gelnhausen im weit oberen Bereich sehen.“ Aus ‘eventuell’ ist zwischenzeitlich Realität geworden und der kommende Gegner der Eagles steht verdient und mit deutlichem Vorsprung auf die Verfolger auf einem der beiden Spitzenplätze.
Anspruchsvolles Auftaktprogramm als Beginn einer Siegesserie
Das Team von Cheftrainer Matthias Geiger, letztjähriger Siebter (27:33 Punkte) der Süd-West-Staffel der 3. Liga, durfte sich zu Saisonbeginn sicherlich nicht über ein allzu leichtes Auftaktprogramm beschweren. Gleich an den ersten beiden Spieltagen traf der Turnverein zuhause auf die beiden Spitzenteams Leutershausen und auswärts auf Saarlouis. Ein Programm, nach dem andere Mannschaften sicherlich noch punktlos dagestanden hätten, schlossen die Gastgeber des kommenden Wochenendes mit zwei Siegen ab. Zuhause gegen Leutershausen stand ein 27:23 zu Buche, auswärts in Saarlouis wurden beide Punkte beim 34:36 entführt.
Auch die sechs folgenden Partien bestritten die Hessen siegreich – und zumeist souverän. Kirchzell (38:31) und Korschenbroich (37:24) wurden zuhause klar besiegt, auswärts beim TV Aldekerk (28:31), in Haßloch (28:29), bei Dutenhofen-Münchholzhausen II (22:28) und beim HLZ Friesenheim-Hochdorf II (28:31) hieß ebenfalls der Sieger TV Gelnhausen. Somit standen herausragende 16:0 Punkte nach acht Spieltagen auf der Habenseite. Der erste Dämpfer folgte dann vor knapp zwei Wochen, als der Longericher SC Köln eindrucksvoll in Gelnhausen gewann. Beim 25:40 in der heimischen Großsporthalle Gelnhausen erlegte Ex-Eagles Loic Kaysen die Gastgeber mit zwölf Treffern fast im Alleingang und sorgte damit für den ersten Dämpfer in der noch jungen Saison.
Wie es sich jedoch für eine Spitzenmannschaft gehört, fingen sich die Gelnhäuser jedoch gleich in der darauffolgenden Partie. Beim ebenfalls recht ordentlich gestarteten TuS Opladen kehrten sie am vergangenen Samstag eindrucksvoll in die Erfolgsspur zurück und feierten einen ungefährdeten 30:26-Auswärtssieg in Leverkusen. TVG-Trainer Geiger war dementsprechend zufrieden: “Die Jungs haben die Schwächen aus dem letzten Spiel korrigiert und eine deutliche Leistungssteigerung gezeigt. Wir haben eine starke Abwehr gespielt und im Angriff phasenweise sehr konzentriert agiert.”
Herausragender Torschütze Jonathan Malolepszy
In der Offensive können die Gelnhäuser sich auf Jonathan Malolepszy verlassen. Der Mittelmann erzielte in den bisherigen zehn Partien 8,5 Tore im Schnitt. Mit seinen 85 Treffern (29 aus dem Feld, 56 von der Siebenmeterlinie) liegt er damit auf dem dritten Rang der besten Torschützen der 3. Liga. Ihn gilt es als Dreh- und Angelpunkt des TVG aus dem Spiel zu nehmen. Zweitbester Torschütze im Geiger-Team ist Silas Altwein, der zwölf seiner 38 Treffer in den letzten beiden Auftritten erzielte. Mit dem polnischen U20-Nationaltorhüter Daniel Drozdz vom polnischen Zweitligisten SMS ZPRP Kielce verstärkten sich die Barbarossastädter zuletzt auf der Position zwischen den Pfosten zusätzlich. Dafür müssen sie mit Jonas Dambach und Lasse Georgi auf zwei Stützen des Teams verzichten, die noch einige Monate ausfallen werden.
In Gelnhausen erwartet die Mannschaft von HSG-Trainer Mark Schmetz sicherlich eine stimmungsvolle Atmosphäre. Bereits bei der Heimniederlage gegen Longerich feuerten rund 900 Zuschauer das Heimteam an. Wie anspruchsvoll die Aufgabe Gelnhausen werden kann, mussten die Eagles bereits in der Vorsaison erfahren. Das Hinspiel in Krefeld im November 2023 gewannen die Gelb-Schwarzen gegen eine verletzungs- und krankheitsbedingt auf nur elf Spieler dezimierte Mannschaft aus Gelnhausen denkbar knapp mit 29:28, im Rückspiel im April 2024 stand es nach rund 52 Minuten noch 26:26, ehe ein Schlussspurt noch zu einem 27:32-Auswärtssieg führte.
HSG-Trainer Mark Schmetz freut sich auf das Spitzenspiel: “Gelnhausen spielt eine hervorragende Saison bislang. Uns erwartet dort eine Mannschaft, die eingespielt ist und 60 Minuten lang ein immens hohes Tempo gehen kann. Der TVG versucht den Gegner über die schnelle Mitte oder die zweite Welle permanent unter Druck zu setzen – und das machen sie sehr erfolgreich. Zudem fußt ihr Spiel auf einer sehr aggressiven und beweglichen Abwehr, die ordentlich zupacken kann. Verbunden mit dem Tempospiel erarbeiten sie sich hier große Sicherheit für das eigene Spiel. Das Positionsspiel wird meistens durch individuelle Aktionen über halblinks oder Rückraum Mitte aufgelöst. Darauf müssen wir und darauf werden wir auch vorbereitet sein. Gelnhausen wird zudem durch Emotionen getragen. Mit der lautstarken Halle im Rücken ist das natürlich ein nicht zu vernachlässigendes Faustpfand. Wir dürfen uns somit auf eine unheimlich interessante Partie und das mit Sicherheit schwerste Spiel bislang freuen.”
Weiterhin verlustpunktfrei in der laufenden Saison
In Hessen darf sich die HSG jedenfalls auch wieder auf ihre Offensive verlassen. Die Angriffsreihe um Spielmacher Jörn Persson erzielte bislang in elf Partien herausragende 389 Treffer und traf damit am zweithäufigsten im gesamten Drittligavergleich. Auch die 288 Gegentreffer werden nur von vier Mannschaften unterboten, wobei lediglich Eintracht Hildesheim (271 Gegentore) auch bereits elf Spiele absolviert hat. Zudem ist die HSG neben dem TV Emsdetten eines von nur zwei Teams, das bislang verlustpunktfrei durch die Saison kommt.
Die letzte Episode dieser verlustpunktfreien Serie ereignete sich am vergangenen Samstag beim Heimspiel gegen die Bergischen Panther. Gegen die noch sieglosen Gäste aus Burscheid taten sich die Eagles zwar zu Beginn schwer, dominierten die Partie jedoch im Anschluss nach Belieben, sodass ohne große Mühen ein verdienter 35:25-Sieg zu Buche stand. Herausragender Torschütze im Spiel gegen das Team aus dem Bergischen Land war abermals Rückraumspieler Jörn Persson, der gleich neunfach traf und seine Torausbeute in dieser Saison auf 75 Treffer erhöhte. Im Spiel gegen den Letzten feierte zudem Neuzugang Felix Handschke sein Debüt für die HSG und erzielte dabei sein Premierentor, als er rund fünf Minuten vor Spielende zum 33:23 traf.
Mark Schmetz jedenfalls sieht die Mannschaft bestens gerüstet: “Natürlich wird es ein enges Spiel werden, das ich auf 50:50 beziffern würde. Wir wollen jedoch auch diese große Hürde überspringen und dürfen dabei auf sehr viel Selbstvertrauen aus den vergangenen Wochen zurückgreifen.”
Personelle Situation noch nicht geklärt
Verzichten muss Mark Schmetz weiterhin auf Mittelmann Tim Claasen und Torhüter Martin Juzbasic. Ob die angeschlagenen und zuletzt erkrankten Cedric Marquardt, Mike Schulz, Robert Krass und Lukas Siegler wieder einsatzfähig sind, wird sich erst kurzfristig zeigen.
Über mangelnden Support wird sich beim Auswärtsspiel definitiv niemand beschweren dürfen. Aus Krefeld wird ein Fanbus nach Hessen reisen, um die Mannschaft zu unterstützen. Bereits Anfang der Woche waren deutlich über 400 Tickets für das Spitzenspiel vergriffen.
Für all diejenigen, die nicht in Gelnhausen live vor Ort sind, besteht die Möglichkeit, die Partie per Stream zu verfolgen über: https://sportdeutschland.tv/tv-gelnhausen/3-liga-staffel-sued-west-tv-gelnhausen-vs-hsg-krefeld-niederrhein-0